Bis heute umweht Rätselhaftigkeit Claudio Monteverdis Marienvesper aus dem Jahr 1610. Handelt es sich bei ihr tatsächlich um ein in sich geschlossenes Werk? Oder ist sie eher das, was man heute als Compilation bezeichnen würde: eine Sammlung an Sakralmusik, mit der sich der Komponist drei Jahre nach seiner Oper „L’Orfeo“ als Kirchenmusiker empfehlen wollte? Auch diese Aufnahme kann keine Antwort geben; schlimm ist das aber nicht, folgt man Raphaël Pichon, der gemeinsam mit seinem Ensemble Pygmalion für diese Aufnahme verantwortlich zeichnet: „Es ist wie eine Kiste mit den erstaunlichsten Schätzen darin“, sagt er, „eine Sammlung verschiedener Welten. Aber das schönste Gefühl ist es, eine ganze Reise zu unternehmen und all diese verschiedenen Orte, Epochen und Geschichten zu besuchen.“ Pichon ging minimalinvasiv mit dem Werk um, straffte an einigen Stellen, betonte den Spannungsbogen, veränderte den Schluss. Das Ergebnis: ein Album von beeindruckender Feierlichkeit.